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AAA Herren im Bad - Nils Engel mit Quietscheente und Jan Poeplau
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Lorscher Theatergeschichte

Vorgeschichte der Theaterspielgemeinschaft Lorsch e.V.

Theateraufführungen in Lorsch waren sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Weltkrieg fester Bestandteil des kulturellen Lebens. Insoweit ist es sicherlich nicht übertrieben, wenn man vor diesem Hintergrund von einer großen  Lorscher Theatertradition sprechen kann.

Der unvergessene Walter Glanzner, einer der Mitbegründer der heutigen Theaterspielgemeinschaft, hat im Jahr 1954 in einem Pressebericht des Lorscher Wochenmagazins darauf hingewiesen, dass sich der Theaterverein „Dramatia Lorsch“  bereits im  Jahr 1919, also kurz nach dem ersten Weltkrieg gründete.  Hauptinitiator war damals der als „Kercheschütze Adam“ bekannte Adam Jakob aus der Heppenheimer Straße.  Der 1. Vorsitzende  des neuen Vereins war Adam Rothenheber aus der Karlstraße. Danach übernahm Adam Jakob selbst das Ruder, ehe er von Jakob Grimm und Hans Schmitt, einem Zimmermann aus der Neckarstraße, abgelöst wurde.

Gespielt wurden hauptsächlich Volksstücke und Lustspiele,  aber auch Dramen. Spielorte waren verschiedene Gaststätten, von denen es in der damaligen Zeit zahlreiche gab. Auch eine Freilichtaufführung erfolgte im Jahr 1927. Vor dem Pavillon des Jägerhotels in der Bahnhofstraße wurde das Stück „Henkerssohn und Zigeunerkind“ aufgeführt.

Nach Aussage von Walter Glanzner wurde der Verein durch die Nazis verboten.

Aber bereits kurz nach dem 2. Weltkrieg ist der Verein dann wieder aktiv geworden. Und wieder war es der „Kercheschütze Adam“, der seine Dramatia wieder in die Schlagzeilen brachte.

Die Stücke hießen jetzt „Stimme des Herzens“, „Die Winzerliesel“, „Glück zu Gast“, „Das Walzermädel von Wien“, „Der Sprung in die Ehe“, „Im Weißen Rößl“ und „Die Räuber auf Maria-Kulm“.  Es handelte sich dabei überwiegend um Operetten und Lustspiele.  Spielort war meistens die Gaststätte „Zum Goldenen Stern“ (heutiges Haus Löffelholz am Kaiser-Wilhelm-Platz).  Zu den Hauptakteuren, die damals die tragenden Rollen besetzten,  gehörten der unverwechselbare Konrad Massoth,  Adam Jakob, Lisbeth Wiegand, Lotte und Helga Bodewig, Jean Heinz, Valentin Denefleh, Wolfgang Jeck, Lisbeth und Ludwig Mantel, Bini Wied und der talentierte Malermeister Jakob Geffert.

Die gesanglichen und musikalischen Leiter waren damals Karl Rau (Raulino) und Lehrer Kastner. Für die Musik sorgte die Kapelle Andreas Metz.

Jakob Geffert, Frau Bodewig, Adam Jakob
Theateraufführung
Parallel zum Theaterverein Dramatia gab es in Lorsch auch weitere Theaterakteure, die zu einer Bereicherung des kulturellen Lebens in Lorsch beitrugen.  Nach dem zweiten Weltkrieg war es zunächst die katholische Jugend und anschließend die Spielschar der Pfarrgemeinde Lorsch. Aber auch der Gesangverein Liederkranz hatte sich zeitweise auf das Theaterspiel konzentriert.

Im September 1946, also kurz nach Kriegsende, brachte die katholische Jugend den „Totentanz“ – ein geistliches Spiel – auf die Bühne.

Es folgte 1949 der „Geiger von Gemünd“ – ein Spiel zu Ehren der Muttergottes, dargestellt von der Spielschar der katholischen Pfarrgemeinde. Spielort war die alte Jahnturnhalle.

Bereits ein Jahr später wurde im August 1950 „Der verlorene Sohn“ – ein Parabelspiel in drei Aufzügen – vor der katholischen Kirche aufgeführt.

Der verlorene Sohn, Walter Glanzner
Kaiser, Abt und Herzog - uraufgeführt am 1.7.1951, Walter Glanzner
Einen kulturellen Höhepunkt gab es im Jahr 1951. Vor der Kulisse der Königshalle wurde das Stück „Kaiser, Abt und Herzog“ als erster Teil einer Trilogie von Wolfgang Selzer aufgeführt. Inhaltlich ging es dabei um die Darstellung eines Teiles aus der Frühgeschichte des Lorscher Klosters.  Nach meinen Recherchen gab es dabei eine Kooperation zwischen Spielschar und Heimat- und Kulturverein. Die Presse überschlug sich damals mit Lob und sprach von den „Lorscher Klosterfestspielen“.

Auszug aus einem Pressebericht vom 03. Juli 1951:

„Sonntag,  der 1. Juli 1951,  ist ein Tag in der Geschichte des 1000-jährigen Lorsch, der es verdient, mit goldenen Buchstaben in der Chronik unserer Gemeinde vermerkt zu werden.

Es dürfte wohl in der Theatergeschichte Europas sehr selten zutreffen, dass eine Handlung vor einer mehr als 1000 Jahre alten Kulisse abrollt. Es ist die Königshalle zu Lorsch,  die den Hintergrund zur Wiedergabe eines Geschehnisses gibt, das vor mehr als 1100 Jahren sich hier abspielte.

Die schöne, man muss sagen klassische Sprache des Autors, gepaart mit dem schauspielerischen Können der Hauptdarsteller versetzten uns in die Zeit des großen Kaisers Karl, dem Herrscher des heiligen römischen Reichs deutscher Nation. Geschichte und fromme Legende wurden hier zu einem Stück vereint,  das so viel Verstehen ernster Lebensweisheit in sich birgt, und die Zuschauer völlig in seinen Bann zog.

Das, was hier mit bescheidenen Mitteln, aber reich an Idealismus und Wollen begonnen wurde, möge sich zum Segen unserer Gemeinde und befruchtend auf das kulturelle Lebens unseres Volkes auswirken.“

Im Jahr 1958, also sieben Jahre später,  gab es eine weitere herauszuhebende Theaterinszenierung. Im Goldenen Stern wurde ein religiöses Stück, „Die Geburt“, aufgeführt. Auch hier waren zahlreiche Akteure vor und hinter den Kulissen aktiv.

Die tragenden Säulen der Spielschar waren Walter Glanzner, Paul Knatz und Ludwig Koob. Letztlich sind es die gleichen Personen, die 1983 an der Gründung der heutigen Theaterspielgemeinschaft, zunächst unter dem Dach der Lorscher Kolpingfamilie, maßgeblich beteiligt waren.

Walter Glanzner übernahm die erste Hauptrolle im „Datterich“,  Paul Knatz führte Regie.

Weitere Theateraufführungen gab es in den Jahren nach dem 2. Weltkrieg insbesondere auch bei den jährlich stattfindenden Elternabenden der katholischen Jugend.

Leider kam das Theaterspiel in den Sechziger und Siebziger Jahren zum Erliegen. Ein wesentlicher Grund dafür lag sicher daran, dass das Fernsehen in dieser Zeit  die Wohnzimmer eroberte.  Das neue Medium hatte die Menschen in seinen  Bann gezogen und Theater gab es  reichlich vor der „Röhre“. Angefangen mit dem Millowitsch-Theater in Köln, dem Ohnesorg-Theater in Hamburg mit dem unvergessenen Henry Vahl und  dem  Volkstheater Frankfurt mit der ebenso unvergessenen Liesel Christ.

Es gehörte sicherlich viel Mut, Enthusiasmus und auch Weitblick dazu, anspruchsvolles Theater in Lorsch wieder zu etablieren. Doch bereits die erste Aufführung des „Lorscher Datterich“ überzeugte das Publikum. Dieses Stück gab Schub und Rückenwind für weitere Theater-Inszenierungen. Bis heute hat die Theaterspielgemeinschaft mit großen Erfolgen das kulturelle Leben in Lorsch bereichert. Darauf sind wir alle stolz!

Karl-Heinz Diehl

Eine Theaterszene
Flyer von 1946
Flyer von 1946 Rückseite
Der Bürgermeister; Walter Glanzner
Aus der Gerichtsverhandlung, Tod durch den Strang; Walter Glanzner
Der letzte Wunsch - ein Spiel zur Ehre der Gottesmutter; Walter Glanzner